3. Dezember – Der Weihnachtsengel

Oma Bär freute sich schon darauf, an diesem Nachmittag mit dem Kleinen Bären einen Weihnachtsengel zu basteln. Sie hatte eine Papprolle und meterweise Goldpapier mitgebracht, einen Bleistift, Kleber und eine Bastelschere. Das Material glitzerte wunderschön und der Kleine Bär war fasziniert. Doch dann wurde er unsicher und fragte, wie sie es denn bloß schaffen sollten, einen Engel aus einem glatten Stück Goldpappe zu basteln.

Aber Oma Bär nickte ihrem kleinen Enkelbär liebevoll zu und sagte, dass man alles schaffen könne, was man mit ganz viel Liebe mache. Sie zeigte volles Vertrauen in die Bastelkünste ihrer und des Kleinen Bären Hände. Und da Oma Bär den Kleinen Bären noch nie angeschummelt hatte, war der Kleine Bär ganz zuversichtlich und freute sich auf den Engel.

Oma Bär rollte das Goldpapier auf dem großen Tisch aus und der Kleine Bär half ihr mit seinen Pfoten beim Glattstreichen. Damit sich das Ganze nicht wieder einrollte, befestigte er die Ecken mit Klebestreifen am Tisch. Oma Bär schaute zufrieden und konzentriert. Mit dem Bleistift zeichnete sie geometrische Formen auf den Goldbogen, die der Kleine Bär mit der Schere vorsichtig und sauber ausschnitt. Das war keine leichte Aufgabe, zumal er das Werkzeug nur mit Mühe in seinen pelzigen Tatzen halten konnte. Doch er dachte schon mit großer Freude an den Engel und spürte, dass ihm diese Freude bei der Arbeit half. Je mehr er sich freute, desto besser klappte das Ausschneiden.

Bald faltete und rollte Oma Bär die Teile kunstvoll zusammen und zeigte dem Kleinen Bären, an welchen Stellen er sie zusammenkleben sollte. Er tat dies mit Begeisterung und beobachtete verwundert, wie aus einer paar Stücken Goldpapier ein herrlicher Weihnachtsengel entstand: Der Rock wurde lang, weit und wie ein Prinzessinnenkleid mit Rüschen verziert kunstvoll um die Papprolle gelegt. Als Körper diente zusätzlich ein Flaschenkorken, durch den Oma Bär eine kleine, gebogene Stricknadel hindurchführte. Deren Enden schauten auf beiden Seiten wie zwei Arme heraus. Flugs entstand eine wunderschöne Bluse aus Gold, die sich an Korken und Armnadeln harmonisch anschmiegte. Als Kopf opferte der Kleine Bär eine seiner Holzkugeln, mit denen er so gerne spielte. Er fand, dass dies ein guter Zweck für seine Holzkugel sei. Schließlich sollte der Engel auch ein schönes Gesicht erhalten. Oma Bär zeichnete mit ruhiger Hand ein wunderschönes Engelsgesicht auf die Kugel und der Kleine Bär malte die Augen blau und den Mund rot aus. Obwohl der Engel noch glatzköpfig und ohne Flügel dastand, lachte er die beiden Bastler schon lustig an. Die Haarpracht bastelten die beiden Bären aus Watte, die sie auf den Kopf klebten und mit Goldstaub berieselten. Die Engelsflügel lagen fertig ausgeschnitten auf dem Tisch und ratzfatz waren auch sie auf dem Rücken befestigt. Beeindruckt von der eigenen Bastelkunst und lachend standen Oma Bär und der Kleine Bär vor dem fertigen Engel. Sie drückten einander ganz fest die Tatzen und fühlten, dass sie gemeinsam unschlagbar gut waren.

In der Nacht träumte der Kleine Bär von dem wunderschönen Engel, der ihn mit seinem freundlichen Gesicht immer noch anlachte. Doch plötzlich wurden die blauen Augen lebendig. Mund und Körper fingen an, sich zu bewegen, der Goldrock raschelte. „Lieber Kleiner Bär“, sagte der Engel, „ich danke dir, dass du mich mit deiner Freude zum Leben erweckt hast. Ich habe deine Liebe gespürt und gemerkt, dass ich kein einfacher Pappengel bin. Nein, ich bin etwas, was du mit deinen Händen und deiner Liebe geschaffen hast, und ich bin glücklich, von dir und deiner Oma gebastelt worden zu sein. Ich bin nun dein Glücksengel!“

Als der Kleine Bär am nächsten Morgen aufwachte, eilte er sofort zu seinem Engel. Dort stellte er fest, dass er ihn noch genauso fröhlich wie gestern anlachte. Gerade als er sich wieder abwenden und zu seinem Frühstück eilen wollte, sah er, dass der Engel ihm lustig zukniepte. In der Adventszeit würde der Engel ihm immer wieder liebevolle oder schelmige Blicke zuwerfen – nur ihm, dem Kleinen Bären.

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